Dienstleistungsfreiheit in Belgien

Probleme bereits auf der O.N.S.S.-Internetseite

 

Bis vor Kurzem erlebten deutsche Bau- und Montagefirmen oft ihr blaues Wunder, wenn sie in Belgien arbeiten wollten. Bürokratische Hürden hinderten sie häufig daran, im Nachbarland tätig zu werden.

Viele Unternehmen warteten Monate, manche sogar Jahre auf die obligatorische Registrierung durch die Provinzregierungen. Wegen der Wartezeiten verloren die Unternehmen häufig den Auftrag. Von freiem Marktzugang konnte in Belgien nicht immer die Rede sein.

 

Diese Praxis war auch den Richtern des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ein Dorn im Auge. In einem Urteil vom 9. November 2006 ordneten sie das Ende der Registrierung an, um endlich die Dienstleistungsfreiheit vollständig herzustellen.

Neue Meldepflicht

Das Gute vorweg: Belgiens Behörden haben sich mit den neuen Regeln, die 2008 in Kraft traten, zumindest Mühe gegeben. Der beauftragte Unternehmer muss nun vor Baubeginn nur noch eine Meldung abgeben - in elektronischer Form auf der Internetseite der „Sozialen Sicherheit" (www.socialsecurity.be). In Papierform ist dies mit dem formulaire DGII 30Bis/1 nur noch bis 1. Juni 2009 möglich.

Doch der Teufel steckt im Detail: ohne Fachmann für das belgische Steuer- und Sozialversicherungsrecht laufen Unternehmer Gefahr, Meldungen unrichtig abzugeben und deshalb durchaus Strafen zu kassieren. Mit einem Experten an der Seite lässt sich der lukrative belgische Markt dagegen ohne große Risiken erschließen. Im Idealfall kümmert sich der Unternehmer um seine Arbeit, und der Fachmann räumt die bürokratischen Hindernisse aus dem Weg. Trotz Neuregelung der Meldepflicht gibt es davon noch genug.

Nur 2 Amtssprachen verfügbar

So beginnen die Probleme bereits auf der Internetseite. Die staatliche Website suggeriert zwar die Möglichkeit, die Meldung auf Deutsch abzugeben, doch wer diese Sprache wählt, landet nach ein paar Klicks auf französischen Unterseiten. Denn obwohl Deutsch in Belgien Amtssprache ist, wird sie von den Behörden nicht immer beherrscht. Der interessierte Unternehmer muss also unter dem noch in Deutsch erscheinenden Punkt „Arbeitsmeldungen" auf den Button „introduire une declaration de travaux" klicken. Es folgt ein Formular, das Fragen zum Auftragnehmer, Bauherrn sowie zum Bauvorhaben enthält.

Von der Neuregelung sind Aufträge ausgenommen, die unter 25.000 Euro (ohne Mwst.) liegen - es sei denn, der Auftragnehmer beauftragt einen Subunternehmer. Die Ausnahme von der Pflicht zur Online-Registrierung gilt auch für Aufträge natürlicher Personen zu privaten Zwecken.

Doch wer sich anmelden muss und dies vergisst, wird kräftig zur Kasse gebeten: bis zu fünf Prozent des Gesamtauftragswerts kann die Strafe kosten. Bei ungenauen oder unvollständigen Informationen werden zudem 150 Euro pro fehlerhafte Angabe fällig. Betroffen von der Pflicht ist der gesamte Baubereich. Am 1. Juni 2009 wird die Liste erweitert, so dass kaum ein Sektor ungeregelt bleibt…

Wichtige Schuldenprüfung

Zusätzliche Prüfungen verlangt der belgische Staat, wenn Subunternehmer eingeschaltet werden. Auftraggeber wie Bauherr müssen kontrollieren, ob der von ihnen beauftragte Unternehmer Schulden bei Sozialversicherung oder Fiskus hat. Hierfür können sie die Datenbank der belgischen Sozialversicherung O.N.S.S. nutzen. Auch hier kommt man nur mit Niederländisch oder Französisch weiter.

Nach über 50 Jahren „Dienstleistungsfreiheit" ist auch Belgien in Europa angekommen. Davon zeugt das Ende der langen Registrierzeiten für Unternehmen. Doch ohne Tücken ist die neue Freiheit nicht. Deshalb ist weiter Rat und Tat des Experten zu empfehlen.

 

Von Walter Grupp

Zuerst veröffentlicht auf Belgieninfo am 03/05/2009.